Guten Tag und willkommen zur Vorlesung "Allgemeine Physik" an der EPFL. Alle Studenten der EPFL, durchlaufen eine polytechnische Ausbildung, seien es Studierende der Mathematik, der Physik, der Chemie, der "Life Sciences" oder der Ingenieurwissenschaften. Diese Ausbildung beinhaltet eine Vorlesung zur Mechanik, welche in 24 Lektionen à je zwei Vorlesungsstunden aufgeteilt ist. Um mich an diese Ausbildung anzupassen habe auch ich eine in 24 Lektionen aufgeteilte Vorlesung zur Mechanik vorbereitet. Diese 24 Lektionen beinhalten ein Modul zu den Grundlagen der Mechanik, ein Modul zu den Anwendungen der Mechanik und ein drittes Modul mit Videos physikalischer Experimente. Des Weiteren enthält jede Lektion konzeptuelle Multiple-Choice-Fragen um euch selber zu testen und eine Serie von Aufgaben so formuliert, dass die Aufgaben bereits Teilantworten beinhalten, damit ihr eure Rechnungen überprüfen könnt. Das Ziel dieser ersten Lektion ist es euch die Wichtigkeit der Mechanik für die Ausbildung eines Wissenschaftlers oder eines Ingenieurs näher zubringen. Ich werde dies machen, indem ich euch eine historische Perspektive zur Wichtigkeit der Mechanik in der Entwicklung der modernen Wissenschaft gebe und ich möchte eure Aufmerksamkeit auf einen speziellen Aspekt lenken, der wissenschaftlichen Erklärung. Ich glaube in der Mechanik sieht man besser als anderswo, was man von einer wissenschaftlichen Erklärung erwarten kann. Ihr werdet in der von mir vorgeschlagenen Liste von Lernzielen dieser Vorlesung sehen, wieso die Mechanik wichtig ist für eure Ausbildung. Ich fange an mit dem historischen Rahmen. Nach meiner Meinung beinhaltet die moderne Wissenschaft Aspekte, welche in die Zeit von Galileo zurückreichen. Ab diesem moment entwickelten Galileo und seine Zeitgenossen eine Attitude mit der Natur zu experimentieren, respektive der Natur Fragen zu stellen. Die Sprache, welche von ihnen benutzt wurde um die Natur zu zu befragen war die Mathematik. Dank Newton wird die Mechanik zu einer Theorie der Physik, welche sich auf die Mathematik stützt, was absolut evident ist durch Netwons Arbeit. Darüber hinaus musste Newton eine Form der Differentialrechnung entwickeln um seine Theorie zu Ende zu bringen. Ich weise darauf hin, dass der Titel Newtons Arbeit, "Mathematische Prinzipien der Naturphilosophie", uns an die Wichtigkeit der Mathematik für die Physik erinnert. Die Mechanik gibt uns eine einzigartige Möglichkeit zu reflektieren, was von einer wissenschaftlichen Erklärung erwartet werden kann wenn in einer Konversation mit einem Wissenschaftler oder einem Kollegen nach den Gründen für ein Ereignis gefragt wird. Zum Beispiel weshalb ein Kreisel, welcher schnell um sich selbst dreht nicht fällt oder weshalb die Erde in einer elliptischen Bahn um die Sonne kreist? Die Wissenschaft und die Mechanik im speziellen antworten nicht auf die Frage weshalb, sondern sie beschreiben wie etwas passiert. Weshalb eine solche Erklärung uns den Eindruck vermittelt etwas zu verstehen ist darauf zurückzuführen, dass die Erklärung auf einer kleiner Anzahl Prinzipien basiert, welche auf eine grosse Anzahl von Situationen angewendet werden kann. Wenn wir an den Kreisel zurückdenken: Ein Experiment welches auf einem Tisch- ecken durchgeführt wird. Der Orbit eines Planeten ist dagegen ein völlig anderer Masstab. Dennoch genügen zwei oder drei Gesetze um die beiden Phänomene zu begreifen. Ich wechsle jetzt zu den Zielsetzungen der Ausbildung. Nach meiner Meinung entspricht das Studieren der Mechanik dem Erlernen ein physikalischer Phänomen in der mathematischen Sprache zu beschreiben. Durch die Anwendung der Mechanik erlernt man eine physikalische Situation zu modellieren und dieses Model mathematisch zu repräsentieren. Man wird also befähigt sich auf die physika- lischen Gesetze zu stützen und daraus eine Differentialgleichung abzuleiten, welche die zeitliche Entwicklung des Systems bestimmt. Auf dem Niveau einer universitären Ausbildung erscheint es mir wichtig die Grenzen eines theoretischen Schemas zu kennen. Im Rahmen dieser Vorlesung werden wir mit dem Model des mit dem Model des Massenpunktes beginnen und uns die Frage stellen in welcher Hinsicht ein Objet wie ein Punkt dargestellt werden kann. Diese Betrachtung wird uns zum Studium des starren Körpers führen. Im selben Gesichtspunkt werde ich klar präzisieren in welchem konzeptuellen Rahmen eine Corioliskraft oder eine Zentrifugalkraft eingeführt werden muss. Zum Schluss betrachten wir die Hintergründe der konzeptuellen Probleme der Wissenschaftler im 19. Jahrhundert, welche zum Anbruch der Relativitätstheorie geführt haben. Eine Vorlesung der Mechanik ist keine Vorlesung in welcher vieles auswendig gelernt werden muss. Es existieren wenige Terme, wenige Fakten und wenige Gesetze, welche man sich ein- prägen muss. Hingegen entwickelt man in der Mechanik ein Können, welches auf dem Kennenlernen einiger Probleme, einiger Systeme und einiger Phänomene beruht. Der Unterrichtende richtet seine Themen nach seinen Affinitäten aus. In der Mechanikvorlesung lernt man besser als andernorts eine systematische Vorgehensweise zu adaptieren. Ich werde häufig darauf insistieren, dass ihr die Aufgaben folgend dieser Vorgehensweise löst. Eine Schwierigkeit, welche einem in der Mechanik begegnet, ist die Verwendung der Mathematik ausserhalb des Kontext, in welchem sie normalerweise in einem Mathematikkurs eingeführt wird. Dies stellt eine zusätzliche Schwierigkeit dar, welche aber zur Beherrschung mathematischer Hilfsmittel führt. Im Rahmen dieser Mechanikvorlesung kann man mit mathematischen Werkzeugen konfrontiert werden, welche einem unbekannt sind. In diesem Fall sage ich meinen Studenten, dass dies eine Chance darstellt die Wichtigkeit dieses mathematischen Werkzeuges zu realisieren. Was zu einer grösseren Motivation führt aufmerksam zu Sein, wenn dieses Werkzeug in der Mathematikvorlesung eingeführt wird. Ich werde die theoretischen Module mit Videos von Experimenten komplettieren. Es gibt verschiedene Gründe, weshalb ich das Vorführen von Experimenten als wichtig erachte. Der erste Grund ist historisch bedingt. Seit Galileo versucht man die Phänomene, welche man beschreiben und für welche man physikalische Gesetze entwickeln möchte, in der Vorlesung vorzuführen. Auf der anderen Seite ergibt sich ein symbolischer Wert. Wir alle sind von einer hypothetisch deduktiven Herangehensweise verführt. Aber man sollte nicht vergessen, dass die Physik sich durch das Experiment konstruiert und durch das Experiment bestätigt. Das systematische Vorführen von Experimenten zeigt uns also das eigentliche Fundament der Physik. Es existiert auch eine methodologische Wichtigkeit. Zum Beispiel, wenn man ein ein Bild wie dieses betrachtet, sieht man eine Montage, aus welcher wir ein mathematisches Modell entwickeln um die prachtvolle Flugbahn der am Ende dieses Pendels fixierten Diode zu studieren. Es muss jedoch gesehen werden, dass die Modellierung ab einer materiellen Realität realisiert wurde. Man kann auch feststellen, dass die Konfrontation, die Beobachtung der Art und Weise ein Signal einzufangen, einen Effekt anschaulich zu machen häufig die Neugierde der Studenten erweckt und höchst wahrscheinlich das Auditorium einmal verlassen sehen sie ähnliche Effekte im täglichen Leben. Dies ist eine Fasson die wissenschaftliche Neugierde der Studenten zu erhöhen, was positiv zu werten ist. Zum Schluss möchte ich signalisieren, dass ich aus Bequemlichkeitsgründen die Aufnahmen der Experimente in einem von der Theorie getrennten Modul gebündelt habe. Die Mechanik zu Erlernen bedeutet sich in eine lange wissenschaftliche Tradition einzureihen. Durch die Erfolge der newtonschen Theorie, glaubte man im 18. Jahrhundert eines Tages einen Determinismus ohne Grenzen zu erreichen. Laplace stellte sich zum Beispiel vor, dass man eines Tages fähig sein werde die Weltformel herzuleiten, welche die Evolution der Atome und interstellarer Objekte gleichzeitig beschreibt. Man wartete bis ans Ende des 19. Jahrhunderts und auf die Arbeit eines mathematischen Physikers Poincaré, welcher realisierte, dass die Differentialgleichungen, welche wir erlernen werden herzuleiten, zu sehr komplexen Vorgängen führen können. Erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts verbreiteten sich diese Ideen, welche heute durch die Chaostheorie repräsentiert werden. Im 20. Jahrhundert fand auch der Durchbruch der Relativitätstheorie und der Quantenphysik statt. Ich möchte euch daran erinnern, dass diese beiden Theorien, welche als konzeptuelle Revolution betrachtet werden, Modelle der Mechanik darstellen. Zum Schluss möchte ich einen Wunsch äussern. Vergesst nicht was ihr in dieser Mechanikvorlesung gelernt habt. Denn dies ist von aktueller Bedeutung in verschiedenen Labors. Aus diesem Grund habe ich Kollegen gebeten über Aspekte ihrer Forschung zu erzählen, welche in direktem Zusammenhang mit den in der Mechanikvorlesung eingeführten Konzepten stehen. Viele sind meinem Aufruf gefolgt und ihr werdet sie kennenlernen indem ihr ihre Videos anschaut.